Behandlung des Migräneanfalls
Analgetika
Triptane
Lasmitidan
Antiemetika
Status migraenosus
Ergotamine
Gepante
Behandlung des Migräneanfalls
Wichtig ist im Migräneanfall die frühzeitige und ausreichend hochdosierte Einnahme im Anfall, da Akutmedikation früh im Anfall meist besser wirkt. Die Wirksamkeit wird unter Berücksichtigung der Zufriedenheit der Patienten mit der Akutmedikation aber auch mit den Endpunkten der klinischen Studien beurteilt, typische Endpunkte sind dabei das Erreichen von Schmerzfreiheit oder Schmerzreduktion innerhalb von 2 Stunden nach Einsatz und die anhaltende Schmerzfreiheit nach 24 Stunden. Migräneanfälle sollten mit Selbstmedikation nicht länger als drei Tage in Folge und nicht häufiger als 10 Tage im Monat behandelt werden, um das Risiko des Entstehens eines Medikamentenübergebrauchs zu reduzieren. Sollte häufiger Akutmedikation benötigt werden, muss der Fokus auf der Optimierung der Prophylaxe liegen.
Analgetika
Die Behandlung des Migräneanfalls erfolgt bei der Mehrzahl der Betroffenen durch die Einnahme von (häufig freiverkäuflichen) Analgetika oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Empfohlen werden aufgrund der Studienlage folgende Substanzen:
- Acetylsalicylsäure 1000 mg
- Ibuprofen 400 mg
- 2 Tabletten der Kombination Acetylsalicylsäure (ASS 50–265 mg), Paracetamol (165–200 mg) und Coffein (50–65 mg) oder
- Paracetamol 1000 mg
Triptane
Sollte die Therapie mit Analgetika oder NSAR unzureichend wirksam sein, ist die Behandlung der Migräneattacke durch ein Triptan sinnvoll. In Deutschland sind insgesamt 7 Triptane in 4 verschiedenen Darreichungsformen erhältlich.
Übersicht über die Triptane:
- Almotriptan 12,5 mg (Tabletten)
- Eletriptan 20 oder 40 mg (Tabletten), Behandlung auch mit 2 x 40 mg möglich
- Frovatriptan 2,5 mg Tabletten
- Naratriptan 2,5 mg Tabletten
- Rizatriptan 10 mg (Tabletten oder Schmelztabletten)
- Sumatriptan 50 oder 100 mg Tabletten, 10 oder 20 mg Nasenspray, 3 oder 6 mg Subkutaninjektionen
- Zolmitriptan 2,5 oder 5 mg (Tabletten, Schmelztabletten, Nasenspray)
Die Auswahl der Triptane erfolgt nach Wirkstärke (Eletriptan und Rizatriptan zeigen ein rasches Ansprechen und eine starke Wirkung) sowie nach der Halbwertszeit (Naratriptan und Frovatriptan haben eine lange Halbwertszeit). Der Einsatz von Nasenspray und Subkutaninjektionen erfolgt, wenn die Attacken rasch eskalieren, stark aus dem Schlaf auftreten oder mit ausgeprägter Übelkeit einhergehen. Die 6 mg Sumatriptan-Subkutaninjektion stellt insgesamt den Goldstandard der Therapie einer Migräneattacke dar. Die 3-mg-Dosierung zeigt ebenfalls eine sehr gute Wirksamkeit bei deutlich geringeren Nebenwirkungen. Außerdem sollten die bisherigen Erfahrungen der Betroffenen mit der Akutmedikation berücksichtigt werden (Wirksamkeit, Verträglichkeit, Nebenwirkungen, Auftreten von Wiederkehrkopfschmerzen). Wirkt ein Triptan nicht, können weitere Triptane ausgetestet werden (Triptanrotation). Die Mehrzahl der Betroffenen wird nach Austesten von drei unterschiedlichen Triptanen ein geeignetes Präparat identifiziert haben. Wichtig ist es, im Edukationsgespräch von Anfang an realistische Erwartungen zur Wirksamkeit zu vermitteln.
Häufig wird es so sein, dass Betroffene unterschiedliche Akuttherapien in Abhängigkeit vom Schweregrad ihrer Migräneanfälle einsetzen, z. B. können Anfälle, die über Tag langsam beginnen, rechtzeitig mit einem oralen Triptan behandelt werden und als Reservemedikation wird ein Nasenspray eingesetzt oder es wird eine Sumatriptan-Injektion verwendet, falls Attacken stark aus dem Nachtschlaf heraus auftreten, mit starker Übelkeit einhergehen oder eine rasch wirksame Medikation erfordern.
Triptane wirken agonistisch an den 5-HT-Rezeptoren (Serotoninrezeptoren), diese gehen mit einer Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur einher, weshalb kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall, unzureichend kontrollierte Hypertonie) als Kontraindikation des Triptaneinsatzes gelten. Bei unzureichend wirksamer Akutmedikation kann auch eine prophylaktische Behandlung der Migräne helfen, die Attackenschwere und -dauer zu reduzieren, Übelkeit oder Auren zu verringern, sodass die Akutmedikation bei prophylaktisch behandelten Patienten häufig besser wirksam ist. Ein Teil der Betroffenen kann dann auch von einem Triptan wieder zu einem NSAR in der Akutmedikation zurückwechseln.
Lasmitidan
Neu auf dem Markt verfügbar ist Lasmiditan, welches agonistisch und selektiv an den 5-HT1F-Rezeptoren wirkt und keine Vasokonstriktion auslöst. In den großen plazebokontrollierten randomisierten Studien zur Prüfung von Lasmiditan wurden Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und Vorerkrankungen eingeschlossen, dadurch ist die Sicherheit in der Anwendung belegt. Schwindel und Benommenheit sind Nebenwirkungen, die unter dem Einsatz von Lasmiditan auftreten können, weshalb in der Fachinformation gefordert wird, die Patienten darüber aufzuklären, dass 8 Stunden nach Einnahme kein Kraftfahrzeug geführt werden soll.
Antiemetika
Übelkeit und Erbrechen können durch Metoclopramid 10 mg oder Domperidon 10 mg behandelt werden, dabei ist die Tageshöchstdosis von 30 mg/Tag zu beachten. Dabei ist darauf zu achten, dass insbesondere Metoclopramid bei der Einnahme durch Kinder oder Jugendliche mit Dyskinesien einhergehen kann. Eine Alternative stellt das deutlich weniger gut untersuchte Dimenhydrinat dar, das als Nebenwirkung zu Müdigkeit führt, was von einem Teil der Migränepatienten durchaus gewünscht ist.
Status migraenosus
Das Auftreten von Migräneanfällen, die 3 Tage oder länger anhalten, wird als Status migraenosus bezeichnet. Während dieser Anfälle sind die Patienten schwer schmerzgeplagt, haben häufig ausgeprägte vegetative Begleitsymptome mit Übelkeit und Erbrechen, können sich notfallmäßig beim behandelnden Arzt oder auch in der Notaufnahme eines Krankenhauses vorstellen. Wurde bis dahin noch kein Triptan eingesetzt, ist es durchaus möglich, z. B. mit der Injektion von Sumatriptan 6 mg, einen Status migraenosus zu unterbrechen. Weitere Möglichkeiten sind die intravenöse Therapie mit Acetylsalicylsäure 1000 mg, Metamizol 1000 mg und mit geringerer Datenlage auch Ibuprofen intravenös oder Dexketoprofen intravenös. Gute klinische Erfahrung besteht mit der Gabe eines Steroids (z. B. Prednisolon 100 mg) im Status migraenosus, dies wirkt nicht akut als „Schmerzmittel“, bringt den Status migraenosus jedoch häufig zum Abklingen.