Diagnostik und Akuttherapie von Kopfschmerzerkrankungen

Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul

Sprecherin: Dr. med. Amina Lösment (Ärztin in Weiterbildung für Innere Medizin und Nephrologie, MHBA)

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Unterscheidung zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen

Bildgebung bei Kopfschmerzerkrankungen

Unterscheidung zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen

Bei der Diagnosestellung von Kopfschmerzerkrankungen muss zwischen primären (idiopathischen) und sekundären (symptomatischen) Kopfschmerzen unterschieden werden. Bei der Erstvorstellung, insbesondere z. B. in der Notaufnahme, ist es hoch relevant, primäre Kopfschmerzen abzugrenzen, die bei klinischer Diagnosestellung, typischer Anamnese und unauffälligem klinisch-neurologischem Befund keiner weiteren Diagnostik bedürfen. Hingegen muss bei Hinweisen auf das Vorliegen eines sekundären Kopfschmerzes (Kopfschmerz als Symptom einer anderen Grunderkrankung) orientiert an klinischen Verdachtsdiagnosen ergänzende Diagnostik durchgeführt werden, um den sekundären Kopfschmerz zuzuordnen und wenn möglich gezielt zu behandeln.

Die häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen sind der Kopfschmerz vom Spannungstyp und die Migräne, wobei die Migräne die Erkrankung ist, die am häufigsten dazu führt, dass Betroffene ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen. Häufige sekundäre Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter sind infektassoziierte Kopfschmerzen, im weiteren Verlauf Kopfschmerzen im Rahmen von Schädelverletzungen und Schädel-Hirn-Verletzungen, im höheren Alter sind weiterhin Kopfschmerzen bei zerebralen Raumforderungen zu bedenken. Bei Vorliegen einer Immunsuppression müssen auch infektiöse Ursachen noch bedacht werden. In der Schwangerschaft sind Hirnvenen- und Sinusthrombosen eine relevante Differenzialdiagnose akuter Kopfschmerzen, die dringlicher Diagnostik bedürfen. Fieber und Meningismus sind Hinweise auf eine Meningitis oder Enzephalitis. Leistungsabfall, Schwindel, Ataxie, Übelkeit und Erbrechen können auch auf eine intrakranielle Drucksteigerung hinweisen. Im höheren Lebensalter ist wichtige Differenzialdiagnose subakuter Kopfschmerzen die Riesenzellarteriitis, die durch einen Kopfschmerz, Schmerzen beim Kauen, allgemeines Krankheitsgefühl und häufig muskuläre Schmerzen im Schultergürtel gekennzeichnet ist.

Die Basis der Diagnostik aller Kopfschmerzerkrankungen stellt die Anamnese dar, für die sich der Untersucher die notwendige Zeit nehmen muss. Wichtig ist darüber hinaus die Medikamentenanamnese. Diese gibt zum einen Hinweise auf Begleiterkrankungen, zum anderen gibt es zahlreiche Medikamente, die als Nebenwirkungen Kopfschmerzen auslösen und verstärken können (z. B. Phosphodiesterase-Hemmer wie Sildenafil). In Abhängigkeit der Verdachtsdiagnose kommt dann ergänzend Labordiagnostik (z. B. zum Ausschluss einer entzündlichen Erkrankung) und am häufigsten zerebrale Bildgebung als Zusatzdiagnostik in Frage. Zur Einschätzung der Häufigkeit von Kopfschmerzattacken, ihrer Dauer, dem Auftreten von Begleitsymptomen, dem Einsatz von Akutmedikation und deren Wirkung sowie zur Beurteilung der Erkrankung im Verlauf, ist das Führen eines Kopfschmerztagebuches hilfreich.

Bildgebung bei Kopfschmerzerkrankungen

In der Notfallsituation, z. B. zum Ausschluss einer intrakraniellen Blutung, wird häufig die Computertomografie am besten verfügbar sein. Sofern möglich, ist die Kernspintomografie des Schädels mittlerweile das Verfahren der Wahl, da die differenzierte Darstellung der Hirnstrukturen selbst damit am besten gelingt.

Primäre Kopfschmerzerkrankungen lassen sich mithilfe einer Kernspintomografie weder ausschließen noch nachweisen. Bei unauffälligem klinisch-neurologischem Befund und typischer Anamnese ist bei der Migräne keine zerebrale Bildgebung notwendig. Bei allen trigeminoautonomen Kopfschmerzen, wie dem Clusterkopfschmerz, der am häufigsten anzutreffen ist, ist zerebrale Bildgebung zwingend notwendig, da hier andere Ursachen das Krankheitsbild klinisch so imitieren können, dass eine Unterscheidung von einer sekundären Kopfschmerzform nicht möglich ist. Zum Beispiel können Hypophysentumore einen Clusterkopfschmerz-ähnlichen Phänotyp annehmen.

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